Nationalrat setzt Whistleblower-Richtlinie um

Das neue HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) wurde nun vom Nationalrat beschlossen. Der Gesetzgeber hat lediglich den Mindestgehalt der Whistleblower-Richtlinie umgesetzt. Das ist auch aus Sicht der betroffenen Unternehmen schade, da ein breiterer Katalog an Tatbeständen auch mehr Klarheit für die Meldung und den beiderseitigen Schutz in allen anderen relevanten Fällen geschaffen hätte. Es bleibt nun den Unternehmen vorbehalten, bei Einrichtung ihrer HinweisgeberInnen-Plattform alenfalls freiwillig weitere Tatbestände zu erfassen.

HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG)

Das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) setzt die Whistleblower-Richtlinie (2019/1937/EU) in Österreich um. Es verpflichtet Unternehmen zum Betreiben eines internen Hinweissystems und schützt Whistleblower vor Vergeltungsmaßnahmen. Das interne System muss sechs Monate nach Inkrafttreten eingerichtet sein, Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten haben dafür bis zum 17. Dezember 2023 Zeit.

Geschützter Personenkreis

Anspruch auf Zugang zu internen und externen Meldestellen und auf den spezifischen Schutz haben Personen (Hinweisgeber), die aufgrund ihrer laufenden oder früheren beruflichen Verbindung (nicht zwingend vertraglicher Verbindung) zu einem Rechtsträger des privaten oder des öffentlichen Sektors Informationen über eine Rechtsverletzung erlangt haben:

  • (überlassene) Arbeiternehmer oder Bedienstete
  • Bewerber um eine Stelle, Praktikanten, Volontäre oder Auszubildende
  • Selbständige (auch arbeitnehmerähnliche und quasi-selbständige Personen)
  • Mitglieder von Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorganen
  • Personen, die unter Aufsicht und Leitung eines Auftragnehmers, Subunternehmers oder Lieferanten des Rechtsträgers arbeiten
  • Anteilseigner

Verpflichtete Unternehmen und Organisationen

Zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet sind Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Rechts mit jeweils mehr als 50 Beschäftigten. Das Gesetz gilt dann für Hinweise auf Rechtsverletzungen in folgenden Bereichen:

  • Öffentliches Auftragswesen
  • Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
  • Produktsicherheit- und Konformität
  • Verkehrssicherheit
  • Umweltschutz
  • Strahlenschutz und nukleare Sicherheit
  • Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz
  • Öffentliche Gesundheit
  • Verbraucherschutz
  • Datenschutz, Sicherheit von Netz- und Informationssystemen
  • Korruption (§§ 302 bis 309 Strafgesetzbuch)
  • Verletzung von Binnenmarktvorschriften
  • Wettbewerbsverstöße
  • Staatliche Beihilfen

Unabhängig von der Beschäftigtenzahl gilt das Gesetz für besondere in der Richtlinie aufgezählte Bereiche (Finanzdienstleistungen, Finanzmärkte, Meldungen in der Zivilluftfahrt), sofern die Angelegenheiten in den bestimmten Unionsrechtsakten bzw nationalen Umsetzungsvorschriften nicht verbindlich geregelt sind. 

Das HSchG gilt nicht insbesondere nicht für:

  • Verschwiegenheitspflichten der gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe
  • Informationen, die vom Recht der Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhandberufe auf Verschwiegenheit umfasst sind
  • Bestimmte Vergabeverfahren
  • Anwendung der Strafprozessordnung ab Vorliegen eines Anfangsverdachts
  • Informationen, die Seelsorgern gesetzlich anerkannten Kirchen etc. anvertraut wurden

Bereits existierende Verfahren zum Schutz von Whistleblowern, die einen günstigeren Schutz als nach dem HSchG gewähren oder deren Anwendungsbereich weiter ist, bleiben unberührt.

Interne Stellen können Abteilungen im Unternehmen sein oder auch Dritte (zB kann eine Rechtsanwaltskanzlei als interne Stelle engagiert werden).

Schutzwürdige Hinweise

Damit Whistleblower den Schutz nach dem Gesetz erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein bzw gewisse Vorgaben eingehalten werden.

So sind nur Hinweise schutzwürdig, die gegenüber einer internen oder externen Stelle abgegeben werden.

Hinweisgeber sollen prüfen, ob sie einen Hinweis zunächst einer internen Stell geben können. Hinweise, die gegenüber Medien abgegeben werden, genießen nur unter engen Voraussetzungen Schutz, insbesondere wenn bei Hinweisgebung an die interne oder externe Stellen Vergeltungsmaßnahmen zu befürchten sind (§ 14 Abs 2).

Externe Stellen sind das Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung. Für bestimmte Gebiete bestehen eigene externe Stellen, etwa das internetbasierte Hinweisgebersystem der Wettbewerbsbehörde (§ 15 Abs 2).

Pflichten der internen Stelle

Wichtig ist, dass die interne Stelle genügend finanzielle und personelle Mittel hat, um ihrer Aufgabe nachzukommen. Sie muss auch so geplant, eingerichtet und betrieben werden, dass die Vertraulichkeit der Identität der Whistleblower gewahrt bleibt. Außerdem muss sie weisungsfrei arbeiten können.

Die interne Stelle muss technisch und organisatorisch gemäß Art 25 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geeignet sein. Alle eingehenden Hinweise müssen dokumentiert werden. Geht ein Hinweis ein, muss binnen sieben Kalendertagen eine Empfangsbestätigung an den Whistleblower ausgestellt werden.

Nach drei Monaten ist bekanntzugeben, welche Folgemaßnahmen ergriffen wurden bzw warum sie nicht ergriffen wurden.

Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen

Das HSchG erklärt Maßnahmen, die „in Vergeltung eines berechtigten Hinweises“ erfolgen, für rechtsunwirksam. § 20 Abs 1 enthält dabei nur einen demonstrativen Katalog („insbesondere“), dazu zählen:

  • Suspendierung, Kündigung
  • Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags
  • Vorzeitige Kündigung oder Aufhebung eines Vertrags über Waren und Dienstleistungen
  • Herabstufung oder Versagen der Beförderung
  • Versetzung, Minderung des Entgelts, Änderung der Arbeitszeit
  • Versagung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen
  • Ausstellung eines schlechten Dienstzeugnisses
  • Disziplinarmaßnahmen
  • Entzug einer Lizenz oder Genehmigung

Dabei handelt e sich um grundsätzlich reversible Maßnahmen, die zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands sowie zum Ersatz von Vermögensschäden oder erlittener persönlicher Beeinträchtigung verpflichtet.

Die für bestimmte Vergeltungsmaßnahmen verantwortliche Person ist darüber hinaus zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands, zum Ersatz von Vermögensschäden und zur Entschädigung für die erlittene persönliche Kränkung verpflichtet und zwar bei

  • Nötigung, Mobbing, Ausgrenzung
  • Diskriminierung
  • Unerwartete Nichtumwandlung eines befristeten in unbefristeten Arbeitsvertrag
  • Schädigung inkl Rufschädigung
  • Aufnahme des Whistleblowers in einer informellen „Schwarzen Liste“, damit ihm die Aufnahme einer Beschäftigung in der Branche erschwert wird
  • Psychiatrische oder sonstige Zuweisung zu ärztlicher Behandlung

Bei diesen, in § 20 Abs 2 angeführten Maßnahmen, handelt es sich um irreversible Vergeltungsmaßnahmen.

Strafbestimmungen

Verwaltungsstrafen von bis zu EUR 40.000 drohen ua für

  • das unter Druck setzen von Whistleblowern
  • Vergeltungsmaßnahmen
  • das Verletzen des Vertraulichkeitsschutzes
  • das wissentliche Erteilen eines falschen oder irreführenden Hinweises

Die Erläuterungen weisen zudem noch ausdrücklich darauf hin, dass das Nichteinrichten einer internen Stelle nicht mit Strafe bedroht ist. Dennoch sollte jedes Unternehmen ein hohes Eigeninteresse an der Einrichtung eines solchen Systems haben, da Missstände ohne öffentliches Aufsehen erkannt und beseitigt werden können. 

Fazit

Wie man sieht, ist es leider kein großer Wurf geworden und die Chance weitere Tatbestände aufzunehmen ist (vorerst) vertan. Das ist auch aus unternehmerischer Sicht schade, da ein breiterer Katalog auch dazu geführt hätte, dass es klare Regelungen zur Meldung solcher Vorfälle gibt und damit auch eine bevorzugte Möglichkeit der internen Abklärung von Vorwürfen.

Wir bieten als Whistleblowerplattform eine umfassende technische Lösung (selbst oder bei uns gehostet), bei der Sie zusätzlich zu den gesetzlich vorgesehenen Tatbeständen weitere für Ihr Unternehmen relevante Tatbestände ergänzen können. Unsere Lösung ist technisch einfach zu handhaben und kann – unabhängig davon wo sie gehostet wird – durch einen (freigestellten) Mitarbeiter oder durch einen externen Dienstleister verwaltet werden. Mehr Informationen zu unserem Angebot finden Sie auf unserer Themenseite whistle.benn-ibler.com.