Unternehmensfinanzierung in Zeiten der Krise


Die Finanzierung durch Gesellschafter und im Konzern ist bei finanziellen Schwierigkeiten oft die einfachste oder letzte Möglichkeit, um das Überleben der Gesellschaft zu sichern. Dabei gilt es, die Haftung der Muttergesellschaft und der Geschäftsführung und strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

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Mehrere kürzlich ergangene Gerichtsurteile befassen sich mit Gesellschafter- und Konzernkrediten in Krisenzeiten.

Auch wenn es Gesellschaftern freisteht, ob und wann sie die Gesellschaft finanzieren, darf bei finanzieller Schieflage das Risiko des Misslingens einer Sanierung nicht auf die sonstigen Gläubiger der Gesellschaft überwälzt werden.

Daher sieht § 14 des Eigenkapitalersatzgesetzes (EKEG) bis zur erfolgreichen Sanierung der Gesellschaft eine Rückzahlungssperre von Krediten von Gesellschaftern mit kontrollierender oder zumindest 25%iger Beteiligung vor. Diese Kredite sind auch in der Insolvenz nachrangig (§ 57a Abs 1 Insolvenzordnung (IO)).

Damit bestimmt das EKEG, dass ein Kredit in Eigenkapital umqualifiziert wird, wenn durch die Kreditgewährung eine an sich erforderliche Kapitalerhöhung ersetzt und so die Gefahr einer Insolvenzverschleppung begründet wird.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte in jüngster Zeit über die Rückzahlung von in der Krise gewährten Darlehen zu entscheiden, insbesondere über die Haftung innerhalb der Gruppe und über die Rückzahlung an spätere Gesellschafter. Die in der Rechtsprechung entwickelten Richtlinien sollten bei Unternehmensfinanzierungen beachtet werden.

Die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen kann strafbar sein

In einer Strafsache ging es am OGH (12 Os 42/19x) um die Rückzahlung eines von einem zukünftigen Gesellschafter in der Krise gewährten Darlehens. In diesem Fall war der Erwerb der Beteiligung am Kreditnehmer durch den Kreditgeber bei Kreditgewährung bereits konkret geplant und schriftlich (wenn auch nicht in der gesetzlich erforderlichen Form) festgehalten worden. Der Kredit wurde vor rechtskräftigem Abschluss eines Ausgleichsverfahrens gewährt.

Der OGH beurteilte die Rückzahlung als Verstoß gegen die Rückzahlungssperre, die auch zukünftige Gesellschafter erfasst, sofern der Anteilserwerb bei Kreditgewährung bereits feststand. Zwar besteht eine Ausnahme vom EKEG bei einem Anteilserwerb zu Sanierungszwecken (§ 13 EKEG), doch müsste dafür im Zeitpunkt der Kreditgewährung ein taugliches Sanierungskonzept vorliegen und das Darlehen der Sanierung dienen.

Letztlich führte die Rückzahlung zur Insolvenz des Kreditnehmers und damit zu entsprechenden Schädigungen anderer Gläubiger. Dadurch lag eine grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen vor, die nach § 156 des Strafgesetzbuches mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 oder 10 Jahren bedroht ist.

Der Kreditgeber war nämlich bei der Rückzahlung bereits de facto-Geschäftsführer des Kreditnehmers und hat den formellen Geschäftsführer zur Rückzahlung veranlasst. Solch ein faktischer Geschäftsführer ist, wer – ohne förmlich bestellt zu sein – maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung nimmt. Folglich war der Kreditgeber als faktischer Geschäftsführer Täter bei der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen und wurde strafrechtlich verurteilt.

Die Rückzahlung vor Anteilserwerb verstößt nicht gegen die Rückzahlungssperre

In einem anderen Fall strebte der Kreditgeber (eine Beteiligungsgesellschaft eines bereits bestehenden 20%-Gesellschafters des Kreditnehmers) zwar den Erwerb eines Anteils von 25 % am Kreditnehmer an, aber die Einigung zum Erwerb erfolgte erst nach der Kreditrückzahlung.

Einen Gesellschafter mit kontrollierender oder zumindest 25%iger Beteiligung trifft eine „Finanzierungsverantwortung“, die aber nach Ansicht des OGH (17 Ob 1/20a) schon bei Kreditgewährung vorliegen muss. Dafür muss bei Kreditgewährung bereits der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 25 % am Kreditnehmer feststehen. Es genügte in diesem Fall nicht, dass der Erwerb zwar mit einigen Gesellschaftern besprochen war, aber über die konkrete Durchführung der Anteilsübertragung und die Größe des Anteils noch keine Einigkeit bestand.

Die Rückzahlungssperre ist nach § 9 EKEG auch anwendbar, wenn der Kreditgeber zwar nicht selbst Gesellschafter des Kreditnehmers ist, die Kreditvergabe aber auf einer Weisung eines gemeinsamen Gesellschafters beruht. Dafür muss der gemeinsame weisungsgebende Gesellschafter

(i)    am Kreditgeber kontrollierend direkt oder indirekt beteiligt und

(ii)   ein vom EKEG erfasster Gesellschafter des Kreditnehmers sein.

Dabei können die Beteiligungen von mehreren Gesellschaftern des Kreditnehmers auch zusammenzurechnen sein, wenn der Kredit auf Grund deren abgestimmten Verhaltens gewährt wird (§ 6 EKEG).

In diesem Fall lag aber keiner der möglichen Fälle vor, sodass die Rückzahlung nicht verboten war. In den Worten des OGH: „Die Rückzahlungssperre des § 14 EKEG setzt grundsätzlich voraus, dass der Kreditgeber im Zeitpunkt der Kreditgewährung Gesellschafter des Kreditnehmers ist und damit für dessen Finanzierung verantwortlich ist. Ausnahmsweise kann es genügen, wenn die Kreditgewährung in unmittelbarem Zusammenhang mit einer – wenn auch noch nicht formgültig – vereinbarten Beteiligung am Kreditnehmer steht. Die Kreditgewährung nur im Hinblick auf einen bloß möglichen Anteilserwerb führt demgegenüber noch nicht zur Anwendung des EKEG.

Konzernfinanzierung – Zahlungspflicht der Konzernobergesellschaft

In einem weiteren Fall befasste sich der OGH (6 Ob 154/19v) mit der Anwendbarkeit der Rückzahlungssperre auf Konzernfinanzierungen (§ 9 EKEG).

In der im Jahr 2006 von der spanischen FCC-Gruppe übernommen Alpine-Gruppe vergab die Alpine Holding zwischen 2010 und 2012 mehrere Darlehen an eine Enkelgesellschaft (Alpine Bau), an der sie mittelbar mit über 75 % beteiligt war. Beide Gesellschaften gingen 2013 in Konkurs. Im Konkurs der Kreditnehmerin wurde die Forderung der Kreditgeberin aufgrund der Rückzahlungssperre des EKEG nicht anerkannt. Daher verlangte die Kreditgeberin die Rückzahlung des Kredits von ihrem Mehrheitsgesellschafter aufgrund des Erstattungsanspruches nach § 9 Abs 1 Satz 2 EKEG.

9 Abs 1 Satz 1 EKEG behandelt die Gewährung eines Kredites zwischen aneinander nicht beteiligten Konzerngesellschaften, die „auf Weisung“ einer anderen Konzerngesellschaft erfolgt, als wäre er von der Muttergesellschaft des Kreditnehmers gewährt worden. Da der Kredit aufgrund der Rückzahlungssperre dann nicht zurückgefordert werden kann, gewährt § 9 Abs 1 Satz 2 EKEG „einen Anspruch auf Erstattung der Kreditsumme“ des Kreditgebers gegen die weisungsgebende Konzerngesellschaft.

Der OGH konnte erstmals entscheiden, ob ein Erstattungsanspruch ohne ausdrückliche Weisung des Gesellschafters besteht und § 9 EKEG über den Wortlaut hinaus auch down-stream-Kredite (und nicht bloß sidestream-Kredite von Schwestergesellschaften) im Konzern erfasst. Beides hat der OGH bejaht.

9 EKEG erfasst auch downstream-Kredite im Konzern, sodass auch bei vertikaler Kreditgewährung der Erstattungsanspruch berechtigt sein kann.

Ein § 9 EKEG unterliegender Kredit der Schwestergesellschaft stellt auch eine typische verbotene Einlagenrückgewähr dar, weil der Kreditgeber „durch die Rückzahlungssperre und das hohe Ausfallsrisiko belastet ist, ohne dass dem ein Vorteil gegenüber stünde“. Dennoch müssen für einen Erstattungsanspruch nicht die Voraussetzungen einer verbotenen Einlagenrückgewähr vorliegen. Daher ist § 9 EKEG auch anzuwenden, wenn der Kreditgeber aus Eigeninteresse seine Tochtergesellschaft finanziert.

Der Erstattungsanspruch verlangt keine ausdrückliche Weisung einer Konzerngesellschaft. Es genügt eine erkennbar nach außen tretende Willensäußerung der übergeordneten Konzerngesellschaft an die kreditgebende Tochtergesellschaft, womit deren Handlungsspielraum eingeengt wird. Dafür reicht jede gewollte und tatsächlich bewirkte Einflussnahme auf den Handlungsspielraum des Kreditgebers aus. Eine bloße Billigung der Kreditgewährung würde hingegen nicht genügen.

Sind in den Organen des Kreditgebers mehrheitlich Personen, die auch in den Organen der weisungsgebenden Gesellschaft vertreten sind, so sind die Anforderungen an die Weisung herabgesetzt. Dies gilt auch dann, wenn die in beiden Organen vertretene Person (die also eine „Doppelrolle“ innehat) faktisch die Entscheidungsbefugnis der übrigen Mitglieder der Geschäftsführung des Kreditgebers einengen kann (etwa aufgrund einer Ressortverteilung).

Covid-19-Ausnahmeregeln

Viele Unternehmen geraten während der Covid-19-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten, müssen aber aufgrund des § 9 Abs 1 des 2. Covid-19-Justitzbegleitgesetzes (2. Covid-19-JuBG) bei Überschuldung bis 31. Jänner 2021 keinen Insolvenzantrag stellen. Dafür wurde die Haftung des Vorstandes auch gesetzlich ausgeschlossen (§ 9 Abs 4 2. Covid-19-JuBG). Für ernsthafte Sanierungsbemühungen steht nun bei Pandemien gemäß § 69 Abs 2a IO auch eine auf 120 Tage verdoppelte Frist zur Insolvenzantragstellung zur Verfügung.

Ist jedoch eine Gesellschaft rechnerisch überschuldet und ohne positive Fortbestehensprognose, gilt das EKEG. Dabei hilft auch § 13 des 2. Covid-19-JuBG, wonach das EKEG nicht auf bis zum Ablauf des 31. Jänner 2021 für nicht mehr als 120 Tage gewährte und zugezählte Kredite anzuwenden ist, soweit die Gesellschaft dafür keine Sicherheit bestellt hat. Ob allerdings auch Bankkredite mit von Gesellschaftern bestellten Sicherheiten vom EKEG ausgenommen sind, ist unklar.

Für sonstige Kredite, also insbesondere, wenn diese für länger als 120 Tage gewährt werden, gilt diese Ausnahme nicht. Finanzierungen und Rückzahlungen müssen dann EKEG-konform sein, um strafrechtliche Konsequenzen und Haftungen von Konzernobergesellschaften sowie der Geschäftsführer zu vermeiden.

Daneben sind sonstige gesetzliche Pflichten bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu beachten, wie z.B. Pflicht zum Stellen eines Insolvenzantrages bei Zahlungsunfähigkeit, Sonderberichte des Vorstandes einer AG an den Vorsitzenden des Aufsichtsrates, Einberufung einer Generalversammlung bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals einer GmbH oder einer Hauptversammlung bei Verlust des halben Grundkapitals einer AG etc.