COVID-19 und Gesellschaftsrecht

Aufgrund der aktuellen COVID-19-Krise waren auch im Bereich des Gesellschaftsrechts Maßnahmen des Gesetzgebers erforderlich. Diese betreffen vor allem Versammlungen von Gesellschaftern und das Einreichen von Jahresabschlüssen.

Mit dem sogenannten 2. COVID-19-Gesetz wurde auch das Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Gesellschaftsrecht aufgrund von COVID-19 (Gesellschaftsrechtliches COVID-19-Gesetz – COVID-19-GesG) geschaffen. Dieses Gesetz wurde in der Folge mehrmals geändert, zuletzt Anfang Juli 2020. Zudem wurde auch das Gesetz über das Register der Wirtschaftlichen Eigentümer (WiEReG) geändert. Die Änderungen durch das COVID-19-GesG sollen grundsätzlich bis Jahresende gelten (einige Bestimmungen gelten darüber hinaus bis Ende des Jahres 2021). Im Folgenden sind die Änderungen kurz zusammengefasst:

Versammlungen und Beschlüsse

Um die weitere Verbreitung von COVID-19 einzudämmen, können Versammlungen von Gesellschaftern bzw. Organmitgliedern von

  • Kapitalgesellschaften,
  • Personengesellschaften,
  • Genossenschaften,
  • Privatstiftungen,
  • Vereinen,
  • Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit,
  • Kleinen Versicherungsvereinen und
  • Sparkassen

auch ohne Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt und Beschlüsse auch auf andere Weise gefasst werden. Am 8. April 2020 wurde eine Verordnung der Justizministerin kundgemacht, die nähere Regelungen zur Zulässigkeit und zur Durchführung von Versammlungen ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer (sogenannte „virtuelle Versammlungen“) enthält.

Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften müssen nun nicht mehr innerhalb der ersten acht, sondern der ersten zwölf Monate eines Geschäftsjahres stattfinden (§ 2 (1) COVID-19-GesG).

Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung muss die Beschlussfassung über

  • die Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses;
  • die Verteilung des Bilanzgewinns, falls diese im Gesellschaftsvertrag einer jährlichen Beschlussfassung vorbehalten ist; und
  • die Entlastung der Geschäftsführer sowie des allenfalls bestehenden Aufsichtsrats

auch nicht mehr in den ersten acht, sondern in den ersten zwölf Monaten eines Geschäftsjahres für das abgelaufene Geschäftsjahr stattfinden (§ 2 (3) COVID-19-GesG).

Auch für Genossenschaften nach dem Genossenschaftsgesetz gilt ähnliches. Beschlüsse der Generalversammlung über

  • den Abschluss und Bericht des Vorstands;
  • die Ergebnisverwendung; und
  • die Entlastung des Vorstands und Aufsichtsrats

müssen ebenfalls nicht in den ersten acht, sondern in den ersten zwölf Monaten eines Geschäftsjahres für das abgelaufene Geschäftsjahr stattfinden (§ 2 (2) COVID-19-GesG).

Die Nichtdurchführung von Aufsichtsratssitzungen im Jahr 2020 war bis 30. April 2020 aufgrund der COVID-19-Krise kein Verstoß gegen die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen. Nach diesen müssten Aufsichtsratssitzungen vierteljährlich erfolgen (z.B. § 94 (3) AktG, § 30i (3) GmbHG).

Auch auf Gesellschaftsverträge hat das COVID-19-GesG direkte Auswirkungen. In Gesellschaftsverträgen, Satzungen, Statuten, etc. festgelegte Fristen oder Termine für bestimmte Versammlungen müssen nicht eingehalten werden, die Versammlungen können auch zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2020 erfolgen (§ 2 (4) COVID-19-GesG).

Vereine, die eigentlich alle fünf Jahre Mitgliederversammlungen einberufen müssten, können diese bis spätestens Ende des Jahres 2021 aufschieben, wenn mehr als 50 Personen teilnahmeberechtigt sind.

Auch für die Abhaltung von Hauptversammlungen von Societas Europaea (SE) werden die Frist von 6 auf 12 Monate verlängert, sofern die Hauptversammlung bis zum 31. Dezember 2020 stattfindet.

Jahresabschluss und Anhang

Normalerweise haben Vertreter von Kapitalgesellschaften, Vorstände von Genossenschaften und Leiter von Vereinen nach den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen (z.B. § 222 UGB, § 22 Abs. 2 GenG) Jahresabschlussdokumente (z.B. Jahresabschluss, Lagebericht, etc.) in den ersten fünf Monaten eines Geschäftsjahres für das vorangegangene Geschäftsjahr aufzustellen und dem Aufsichtsrat vorzulegen. Diese Fristen wurden durch das COVID-19-GesG um bis zu vier Monate verlängert. Gleiches gilt für alle Rechnungslegungsunterlagen, die innerhalb der Fristen für den Jahresabschluss vorgelegt werden müssen.

Auch für die Einreichung des Jahresabschlusses gemäß § 277 (1) UGB beim Firmenbuchgericht und die allenfalls erforderliche Veröffentlichung im Amtsblatt der Wiener Zeitung wurden die gesetzlichen Fristen verlängert. Die Einreichung und die Veröffentlichung haben nun spätestens zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag zu erfolgen (anstatt bisher neun Monate).

Diese Bestimmungen sind auf alle Unterlagen der Rechnungslegung anzuwenden, bei denen die Frist zur Aufstellung nach § 222 (1) UGB am 16. März 2020 noch nicht abgelaufen war. Sie treten am 31. Dezember 2020 außer Kraft und sind letztmalig auf Unterlagen der Rechnungslegung für Bilanzstichtage anwendbar, die vor dem 1. August 2020 liegen.

Änderungen im Wirtschaftliche Eigentümer Register Gesetz

Nach dem Wirtschaftliche Eigentümer Register Gesetz sind bestimmte Rechtsträger zur Meldung von bestimmten Daten über den oder die wirtschaftlichen Eigentümer eines Rechtsträgers verpflichtet. Auch hier wurden aufgrund der aktuellen COVID-19-Krise Änderungen in Bezug auf die dort festgelegten Fristen für die Meldung von Daten vorgenommen. Grundsätzlich müssen Rechtsträger Daten innerhalb von vier Wochen ab Eintragung melden.

Fiel das Fristende nun auf einen späteren Tag als den 16. März 2020, war der Fristenlauf unterbrochen. Die Frist begann am 1. Mai 2020 neu zu laufen. Der Finanzminister kann erforderlichenfalls die Fristen per Verordnung verlängern oder weitere Ausnahmen vorsehen.

COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung

Aufgrund steigender Fallzahlen gelten durch die COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung ab 01.11.2020 bis vorerst 30.11.2020 neue Maßnahmen. Danach sind Veranstaltungen – und damit auch Gesellschafterversammlungen – generell untersagt (§ 13 (1) COVID-19-SchuMaV). Diese Untersagung gilt jedoch nicht für „unaufschiebbare Zusammenkünfte von statutarisch notwendigen Organen juristischer Personen, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist“ (§ 13 (3) Z 6 COVID-19-SchuMaV).